Es liegt wohl in der Natur des Menschen, daß die Faszination einer Herausforderung mit dem Schwierigkeitsgrad der Aufgabe steigt. Für den einen ist es das Bezwingen eines Gipfels, das Durchwandern einer Wüste oder das Brechen eines persönliches Rekordes, für den anderen ist es die Kultur von Pflanzen aus extremen Lebensräumen.
Fleischfressende Pflanzen (Karnivoren/Insektivoren) sind Kosmopoliten die auf der ganzen Welt extreme Lebensräume besiedeln und durch ihre Fähigkeit hauptsächlich Insekten aktiv fangen und verdauen zu können, ungewöhnliche ökologische Nischen besetzt haben. Vom kleinen rundblättrigen Sonnentau (Drosera rotundifolia), den man mit etwas Glück in Europa auf extrem sauren und nährstoffarmen Böden in Mooren entdecken kann, bis zu Kannenpflanzen (Nepenthes) auf den höchsten Gipfeln der Berge Borneos und Sumatras. Die Vielfalt ist atemberaubend. Jedes Jahr werden neue Arten entdeckt und alleine die Vorstellung welche Überraschungen die letzten Winkel dieser Welt heute noch bereit halten, ist äußerst faszinierend.
Wer einmal über die Mooswälder der Gipfelregionen Südostasiens gelesen hat oder sogar das Privileg hatte, diese einmal erleben zu dürfen, wird sicher den Wunsch haben, die Pflanzen dieser Lebensgemeinschaft selbst zu kultivieren.
Mooswälder (mossy forest) sind einzigartige Lebensgemeinschaften. Die feuchtwarme Luft des Flachlandes steigt an den Berghängen hoch, die Luftfeuchtigkeit kondensiert durch die fallenden Temperaturen zu Nebel, der sich dann in den über und über mit Moos, Flechten, Farnen, Epiphyten, Orchideen und auch Karnivoren bewachsenen Bäumen fängt. Die Kombination aus Nebel, dem diffusen Licht, dem undurchdringlichen Nebelwald, dem Geruch von Moos und Feuchtigkeit in Verbindung mit den für unsere Ohren fremdartigen Geräuschen ist ein Erlebnis oder eine Vorstellung, die man nicht in Worte fassen kann.
Die verschieden Arten, die unglaubliche Vielfalt in Größe, Form und Farbe, die komplizierten Fangstrategien der Karnivoren und letztendlich auch die große Herausforderung diese Pflanzen zu kultivieren, ist wohl der Grund dafür, dass immer mehr Menschen in den Bann dieser Pflanzengruppe gezogen werden.
Diesen Bedarf haben diverse Spezialgärtnereinen erkannt und vermehren im Labor ein großes Sortiment und somit ist es inzwischen recht einfach viele verschiedene Karnivoren zu erwerben. Das Internet gibt die Möglichkeit sich auszutauschen und somit bleibt letztendlich kein Wunsch nach der auch noch so seltenen Pflanze unerfüllt.
Viele der angebotenen Karnivoren sind einfach zu pflegen, teilweise sogar fensterbanktauglich. Ganz anders sieht es mit den Spezialisten aus, die im oben beschriebenen Mooswald zu Hause sind. Die Klimaparameter sind nur schwer reproduzierbar. Botanische Gärten, die ohne Rücksicht auf Kosten Klimakammern betreiben, kühlem im Sommer, heizen im Winter, lüften permanent und halten die Luftfeuchtigkeit teilweise mit enormem technischen Aufwand auf den geforderten Werten.
Das gleiche Problem stellte sich auch mir als interessierten Hobbyisten.

Nachdem die Entscheidung gefallen war, im temperierten Teil meines Gewächshauses Hochlandnepenthes zu kultivieren, stellte sich sofort die Frage nach der Klimakontrolle. Ausgangsituation war ein separat abgetrennter Teil meines Gewächshauses, der bereits mit einer ausreichenden Heizung mit Nachtabsenkung plus automatischer Lüftung und Ventilatoren ausgestattet war. Für die bis dato kultivierten Orchideen ausreichend.
Das Problem war , daß trotz Schattierung und zusätzlicher Lüftung im Sommer Temperaturspitzen von bis zu 45 C erreicht wurden. Undenkbar für die geplanten Hochlandnepenthes und der entsprechenden Begleitflora (z.B. Ameisenpflanzen(Myrmecodien), Ameisenfarne (Lecanopteris), Orchideen etc).
Idealerweise wäre das Ziel die Klimadaten der Mooswälder Sumatras und Borneos zu imitieren: die Temperatur ist nachts 16 - 18 C, tagsüber nicht über 25C, indirektes Licht mit 40.000 - 60.000 Lux, eine leichte Windbewegung und eine permanenten Luftfeuchtigkeit von 70 - 90 %.
Die beiden Parameter, die es im meinem Gewächshaus unter Kontrolle zu bringen galt, waren die hohen Sommertemperaturen und die zu niedrige Luftfeuchtigkeit.
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